Mühle & Mühlrad
Energielieferndes Kulturdenkmal
Geschichte, technische Details und
Wiederaufbau der Oberen Mühle Wertach
Alls ischt iebers Wasser gloffe*
Seit Jahrtausenden erleichterten sich Menschen das Leben mit der Kraft des Wassers …
In unserer Region hat die Nutzung der Wasserkraft in Form von Wasserrädern Tradition. In der vorindustriellen Zeit gab es keinen Wirtschaftszweig, der ohne Wasserkraft funktionierte. Getreidemühlen, Sägewerke, Ölmühlen, Papiermühlen, Hammermühlen, usw.: Wasser war die Antriebskraft.
Mühlen stehen für Technik-, Gewerbe- und Industrie-, Wirtschafts- und Wasserbaugeschichte. Mit den Mühlen verband sich Wohl und Wehe von Generationen von Mühlenbetreibern und deren Gemeinden. Oft mit spannender Familiengeschichte stolzer Müllergeschlechte und bodenständigem Bauerntums. Mühlenbauer und Müller waren hochqualifizierte Spezialisten, deren Kenntnisse von Natur und Technik und deren handwerkliches Können wichtige Grundlage der regionalen Versorgungskette darstellten.
* aus dem Allgäuer Buch „Hôndweark: Die Arbeit mit den Händen“ von Christian Heumader und Josef Schmid, erschienen im BergWegVerlag Bad Hindelang.
Deshalb ist:
- die Geschichte jeder Mühle immer auch Kultur- und Heimatgeschichte.
- jede Mühle stets bedeutsam für ihre Gemeinde und das Umland (oft jahrhundertelang).
- die Mühle vielerorts Wahrzeichen ihrer Region und in uralten Karten immer als Orientierungspunkt und Landmarke zu finden.
- eine Mühle aufgrund ihrer jahrhundertelangen Bedeutung ein Knotenpunkt des sozialen und wirtschaftlichen Miteinanders.
- eine Mühle ein wertvolles Kulturdenkmal, das als solches oft wiederentdeckt und liebevoll restauriert wird.
Neues Mühlrad auf historischen Grundlagen
Dass Uschi und Holger Ahlborn in der Oberen Mühle Wertach irgendwie auch „müllern“ werden, war von Anfang an klar. „Das Mühlrad soll wieder laufen und die über 500 Jahre alte Tradition neu zum Leben erweckt werden.“ So die Aussage der Eigentümer.
Intensive Recherchen, Abstimmung mit den Behörden und die Wiedererlangung der jahrhunderte-alten Wasserrechte waren die Schritte bis zum Baubeginn. Um die Statik des Hauses nicht zu gefährden, wurde das Mühlrad – entgegen den historischen Vorlagen – versetzt.
Technische Details
- Höhe über dem Meer: 924 m
- Durchmesser: 7,5 m
- Baumaterial: Stahl
- Gewicht: 7.000 kg
- Stromerzeugung für ca. 15 Einfamilienhäuser
- Ganzjahresbetrieb
- Größtes oberschlächtiges Mühlrad im Allgäu
Superlativ
Oberschlächtiges Mühlrad in Wertach
Das Wasser wird von der Starzlach durch ein sogenanntes „Tiroler Wehr“ entnommen und durch ein Druckrohr weiter unterirdisch zum Mühlrad geleitet. Der Höhenunterschied lässt das Wasser im Mühlenschacht bis zum Ausfluss steigen und fließt dort von oben auf das Mühlrad. Die Physik der Schwerkraft macht´s möglich. Der Fachmann nennt das „oberschlächtig“.
Dieses 7,5 Meter hohe, oberschlächtige Mühlrad ist das größte im Allgäu. Superlativ ist zudem, dass die Obere Mühle die am höchsten gelegene, funktionierende Mühle in der höchstgelegenen Marktgemeinde Deutschlands ist.
Der Name „Starzlach“ bedeutet übrigens: über die Felsen springende Ach. Auch Sturzbach genannt. Bei uns im Oberallgäu wurden gleich drei Sturzbäche Starzlach genannt:
- Die Wertacher Starzlach: entspringt am Wertacher Starzlachberg mit Zuflüssen vom Wertacher Hörnle und fließt an der Unteren Mühle in die Wertach.
- Die Burgberger Starzlach: auch Winkler Starzlach genannt, fließt in Sonthofen in die Ostrach.
- Die Breitacher Starzlach: sie ist der linke Zufluss der Breitach (Starzlachtal / Rohrmoostal) gegenüber Kornau im Markt Oberstdorf
Impressionen von der Oberen Mühle
Bilder von
Mühle & Mühlrad
und alter Technik
Vom Bau bis zur Fertigstellung
- 2014: Bauvoranfrage „Reaktivierung Wasserradanlage Obere Mühle Wertach“
- 2014 – 2017: Erstellung Gutachten, Landkauf für Höhenmeter
- 2017: Genehmigung Wasserradanlage Obere Mühle Wertach
- 2017: Bau Tiroler Wehr (Wasserentnahmewerk)
- 2018: Bau Mühlrad- und Steigschacht
- 2018: Verlegung Druckrohr (240 Meter), Ablaufrohr (50 Meter)
- 2018: Bau und Montage Mühlrad
- 31. August 2018: Einweihung des siebeneinhalb Meter großen oberschlächtigen Mühlrads
Die Geschichte der Oberen Mühle Wertach
- Erste urkundliche Erwähnung 1536.
- Gustav Hindelang ist im Jahre 1600 erster namentlich bekannter Müller in der Oberen Mühle.
- Die Hindelangs betreiben die Obere Mühle als Getreide- und Sägemühle bis 1778. Die Ehefrauen kommen in der Regel aus Wertach oder näherer Umgebung (z.B. Hengge, Mayer, Suiter, Menz).
- Ab 1778 folgt ein Geschlecht namens Kimmerle, welches 200 Jahre auf diesem Anwesen wirkt.
- 1778 heiratet Ulrich Kimmerle aus Faistenoy Magdalena Hindelang.
- 1819 folgt Ignatz Kimmerle; seine Ehefrau wird Anna Strehle aus Gschwend.
- 1865 übernimmt Baptist Kimmerle, der mit Maria Haug aus Wertach verheiratet ist.
- 1903 wird Konrad Kimmerle der Obere Müller; verheiratet ist er mit Magdalene Algayer vom Bichl.
- 1947 ist die Obere Mühle in den Händen von Johann Kimmerle, der am 24. Mai 1970 mit 65 Jahren als letzter Müller verstirbt.
- 1990 geht die Obere Mühle an den Neffen Josef Kimmerle.
- 1995 verkauft Josef Kimmerle an Margot und Josef Gebhart.
- Seit Januar 2014 „müllern“ Uschi & Holger Ahlborn in der Oberen Mühle.
Presse
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So findet ihr uns
Die Obere Mühle liegt am südwestlichen Ortsrand von Wertach (ggü. Brunnen-macher). Einfach über die Langgasse oder die Umgehungsstraße zu erreichen.
Kontakt
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